Tanz in die Zukunft

Wohin ich auch schaue, die Zukunft sieht in den Augen der meisten Betrachter düster aus. Gerade erst hat das Weltwirtschaftsforum seinen globalen Risikobericht veröffentlicht. Die dort skizzierten Risiken reichen von Finanzkrisen, über Cyber-Angriffe bis hin zu Umweltkatastrophen. Auch die Szenarien, die Klimaforscher im Fall eines Versagens der internationalen Gemeinschaft zeichnen, wirken schockierend – ein wahr werdender Endzeitfilm. Anstatt uns ins Handeln zu bringen, scheinen diese Zukunftsvisionen uns aber eher in Angststarre zu versetzen. Auch die Entstehung rechtspopulistischer Bewegungen wird mit den Abstiegsängsten großer Bevölkerungsschichten erklärt. Aber wie heißt es doch so schön, Angst ist kein guter Ratgeber.

In Asien aber würde man mit Lust auf die Zukunft schauen, hier wäre es möglich ganz Neues zu denken, und Abenteuer zu wagen, ganz  im Gegensatz zum alten Europa.

Schaut man auf den globalen Süden, erscheint der Blick in die Zukunft in vielen Ländern verheißungsvoller. Die Globalisierung erreicht etwa in Vietnam und Indien sehr hohe Zustimmungsraten. Ein top-ausgebildeter sri lankischer Freund sagte mir einmal, dass er es vorziehe eher in Asien statt in Europa Geschäfte zu machen. Zwar wäre er in Europa abgesichert und könnte mehr Geld verdienen. In Asien aber würde man mit Lust auf die Zukunft schauen, hier wäre es möglich ganz Neues zu denken, und Abenteuer zu wagen, ganz  im Gegensatz zum alten Europa. Dabei hat man hierzulande sehr wohl einmal optimistischer in die Zukunft geblickt, etwa zu Zeiten des Wirtschaftswunders oder nach dem Fall der Berliner Mauer.

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Heutzutage habe ich den Eindruck, als wenn sich die Hoffnung der Menschen in Deutschland  weniger auf die gesellschaftliche Entwicklung und den öffentlichen Raum bezieht, sondern fast ausschließlich auf das Private: Das Individuum sucht die Hoffnung etwa in der Partnerschaft und bei der Familie, im Abenteuer und in der Selbstverwirklichung sowie in der Karriere und im beruflichen Erfolg. Mich erinnert das an die Zeit des Biedermeier im Vormärz. Aus Angst vor politischer Verfolgung zog sich das deutsche Bürgertum Anfang des 19. Jahrhunderts ins Private zurück und verwendete seine Energie vorzugsweise auf unpolitische Kunst. Apropos Kunst: Düstere Zukunftsvisionen scheinen heutzutage auch hier eher die allgemeine Stimmung zu reflektieren, Blackmirror lässt grüßen. Statt Happy End halten moralisch-uneindeutige Hauptfiguren und möglichst explizite Gewaltdarstellungen Einzug in den Mainstream unserer Fernsehsendungen.

Auch wenn uns „Normalbürgern“ die Lust an der Zukunft abzugehen scheint, nehme ich wahr, dass das nicht für viele Unternehmen gilt, die großes Interesse daran haben, zukünftige Entwicklungen zu erahnen. Think Tanks vermessen die gesellschaftlichen Trends und undurchsichtige Algorithmen aus dem Silicon Valley können unser zukünftiges Einkaufverhalten besser vorhersagen als wir selbst. Diese Entwicklung trägt zu dem Eindruck bei, dass die Kräfte, die über unsere Zukunft bestimmen, außerhalb unseres Einflusses zu liegen scheinen.

Im Großen und Ganzen meinen wir den Glauben daran verloren zu haben, Einfluss auf gesellschaftliche Entwicklungen nehmen zu können; wir meinen lediglich hoffen zu können, dass es uns schon nicht allzu arg (be)treffen werde. Diese Einsicht macht mich traurig. Ich bin traurig über unsere Apathie, ich bin traurig darüber, welche Chance wir uns entgehen lassen. Schließlich können die Bilder, die wir uns heute von einer wünschenswerten Zukunft machen, uns anleiten auch in die entsprechende Richtung zu gehen. Zielbilder sind wirkmächtige Instrumente, um politischen Willen zu organisieren und Mehrheiten zu suchen. Darauf verzichten wir bisher.

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Das Feld der positiven Zukunftsvisionen scheint derzeit noch relativ frei zu sein. Dabei fände ich es anregend, wenn wir mal kollektiv hinsichtlich der Frage brainstormen würden, wie unser Alltag mit einem starken gesellschaftlichen Zusammenhalt aussehen könnte und was dafür nötig wäre. Dabei könnten wir unserer Fantasie und Kreativität freien Lauf lassen. Aber ähnlich wie bei einer leeren Tanzfläche, scheint der Anfang das Schwierigste zu sein. Keiner mag der Erste sein, um sich nicht dem öffentlichen Spott preiszugeben. Dabei ist der Trick eigentlich, dass der erste Tänzer gar nicht perfekt sein muss, er muss  lediglich den Mut haben zu beginnen. Und ehe man sich versieht, füllt sich die Tanzfläche und durch kollektives Agieren und Reagieren wird daraus eine lustvolle Veranstaltung mit viel Energie. So könnten wir es auch mit der Skizzierung der Zukunft tun. Lasst uns einen Wildwuchs von Zukunftsvisionen schaffen, sie können sich auch gern widersprechen. Hauptsache, wir füllen zunächst das leere Feld und schaffen damit Inspiration für unser heutiges Handeln:

Also, lasst uns tanzen gehen!

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Ich habe Lust in diesem Blog Zukunftsentwürfe zu skizzieren, gemeinsam mit euch. Dafür möchte ich mit euch in den Kontakt und Austausch gehen. Wenn ihr mögt, würde ich mich sehr darüber freuen, eure Perspektiven kennenzulernen. Ihr könnt mir gerne eine E-Mail schreiben, oder unten kommentieren. Falls ihr noch Vorschläge haben solltet, wie der Austausch noch besser organisiert werden kann, freue ich mich auf eure Vorschläge.

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Comments (1):

  1. Pirita

    Februar 5, 2019 at 3:53 pm

    Die Idee von einer in Trance vereinten tanzenden Gesellschaft ist schön! Aber welche Musik muss spielen, dass sich die am Rande Stehenden mitreißen lassen? Meistens tanze ich, wenn mein Herz berührt wird von der Musik, wenn ich eine trommelnde Energie in mir spüre! Aber wo sind die Komponisten, die diese Energie erzeugen können? Weil tanzen ist einfach – den Tanz zu komponieren, weniger..

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